Unsere märchenhafte EBV-Sommerreise 2021 nach Eschwege
Uns war gar nicht bewußt, dass es noch so viele kleine, nette Städtchen in Hessen gibt, die fast nur aus Fachwerkhäusern unterschiedlicher Stilarten bestehen. Elisabeth Cholewa, die uns am ersten Tag durch Eschwege und auch an weiteren zwei Reisetagen begleitete, erzählte so ausführlich, herzerfrischend über Land und Leute, Ihre Heimat und vieles anderes mehr, ohne uns mit Geschichtszahlen zu überhäufen. Chapeau, liebe Frau Cholewa!
In Eschwege gastierten wir im Hotel zur Struth, knapp 20 Minuten von der Altstadt entfernt. Alle Sehenswürdigkeiten und Restaurants wären fußläufig erreichbar. Im Nieselregen erwartete uns Frau Cholewa in Gewandung, um die erste Gruppe durch Eschwege zu führen. Der Ort wurde 974 erstmals in einer Urkunde von Kaiser Otto II genannt, entstanden aus : die Siedlung bei den Eschen am langsam fließenden Wasser. Mehr als 1000 Fachwerkbauten, die überwiegend nach 1637 entstanden, stehen noch in Eschwege, eines schöner als das andere. In flotten Schritten ging es von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten.
Die wichtigsten Handelsgüter waren Tuch und Leder. Der Weg führte uns durch die Altstadt mit den Sehenswürdigkeiten wie das alte Rathaus mit Glockenspiel, die Marktkirche St. Dionys, der Sophiengarten - eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt. Das älteste Bauwerk steht auf dem Schulberg. Der schwarze Turm (jetzt Karlsturm) aus dem 12. Jh. Vom Schulberg aus hat man eine schöne Aussicht auf den Ort an der Werra. Nach kurzer Verschnaufpause standen wir vor den Landgrafenschloss, mit dem Frau Holle Brunnen im Innenhof und warteten auf das Wahrzeichen der Stadt: Der Dietemann. Der Turmwächter mit Hellebarde und Laterne dreht seine Runde um die Turmuhr zu jeder vollen Stunde und bläst kräftig in sein Horn. Die Eschweger werden auch Dietemänner genannt als Erinnerung an das Rittergeschlecht "der Diede zum Fürstenstein". Diese haben laut der Geschichte, die Burg, die Salzstraße zwischen Bad Sooden-Allendorf und Eschwege bewacht und deren Mannen, die teilweise in Eschwege wohnten. Um die Mittagszeit wurden wir in unsere Freizeit entlassen. Gestärkt wanderten einige von uns um den Werratalsee herum, stolze 8 km.
Am Folgetag stand die Wartburg mit Besichtigung und Eisenach auf dem Plan. Die Wartburg gehört seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe, 1000 Jahre deutsche Geschichte. Zum 500. Jubiläum von Martin Luther, der hier als Geächteter im Exil lebte, kann man sich in Ausstellungen über sein Leben, Alltag und Wohnen informieren. Die Legende vom Tintenfleck ist geblieben, nur ist dieser nicht mehr in seiner Schreibstube zu sehen. In diesen Ausstellungen sind auch unermessliche Kunstschätze zu bewundern. Mittags fuhr Reiner fünf Wanderer zum Ausgangspunkt der Drachenschlucht und die anderen nach Eisenach hinunter. Durch die Schlucht kamen uns viele Mutige entgegen. Auch dieses Mal waren die Drachen nicht zu Hause.
Die nächsten Tage erfreuten wir uns an der Gesellschaft von Elisabeth. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, uns die schöne Umgebung im Werra-Meißner-Kreis zu zeigen. Wir fuhren durch das Eichsfeld nach Bad Heiligenstadt. Hier lebte einst Theodor Storm mit seiner Familie, bis es ihn nach acht Jahren wieder zurück nach Husum zog. Die schöne Natur des Eichsfeldes inspirierte den Dichter zu Gedichten. Novellen und Märchen. "Die Regentrude" entstand hier. Die Novelle "Der Schimmelreiter" entstand in seiner Heimatstadt wenige Monate vor seinem Tod.
In Heiligenstadt ist der große Bildschnitzer Tilman Riemenschneider geboren. Bekannt wurde er u.a. durch seine Altäre der Heiligblutaltar der Sankt-Jakobus-Kirche in Rothenburg. Etwas Zeit blieb uns für die Kirche St. Marien mit ihren drei wunderschönen Mosaikfenstern, bevor die Fahrt weiter zum Thüringisch-Hessischen Grenzmuseum ging. Deutsch-Deutsche-Geschichte, für viele ein Muß! Mahnmal, Begegnungsstätte und Lernort an der überwundenen innerdeutschen Grenze. Am Nachmittag besuchten wir Bad Sooden-Allendorf, mit Begehung des Gradierwerkes, erst mit Bus und dann zu Fuß durch Allendorf, mit seinen aufwendig geschmückten Erntekronen. Ein letzter Blick auf den Ort an der Werra und zurück zum Hotel. Ein Highlight: der Geo-Naturpark Frau-Holle-Land im Wandergebiet Hoher Meißner.
Erst Besichtigung der Stadt Spangenberg mit dem Sophienbrunnen und am Rathaus war noch der Pranger zu sehen, weiter nach Melsungen zu den Bartewetzern und zur Gänseliesel. Viel Zeit blieb uns nicht, aber ein Bummel über den Markt war eine schöne Abwechslung. Hinauf mit dem Bus in das Wandergebiet, herrlicher Ausblick über die Höhen. Einen kleinen Abstecher zum Frau Holle Teich. Laut Sage soll dieser unendlich tief und der Eingang in ihr unterirdisches Reich sein. Vom Mythos zum Märchen, denn nach dem Volksglauben bestimmt sie den Kreislauf des Lebens, des Jahres, das Wetter und ist Herrscherin über die Elemente, gleichzeitig Heilerin, Lehrmeisterin und Gabenbringerin. Man könnte heute auch sagen: Ein Allround-Talent. Gerne hätten wir hier noch länger verweilt, um mehr über Frau Holle, die viele Namen hat, zu erfahren. Auch die vielen schönen Wanderwege luden dazu ein, die Landschaft näher kennenzulernen.
Die Reisezeit ging zu Ende. Mit vielen interessanten Eindrücken und Sehenswürdigkeiten im Gepäck fuhren wir nach Hamburg zurück. In Erinnerung blieben schöne gemeinsame und harmonische Tage, der Hefezopf von Frau Reimeier, die uns diesmal auf der Fahrt begleitete. Essen und Trinken an Bord und die sorgenfreie Busreise mit Reiner rundeten die Reise ab. Danke für die Organisation, lieber Günter und danke sagen wir auch für die Spenden zu Gunsten von Jolante. Und auch auf dieser Reise haben wir neue und interessierte Mitglieder gewonnen. Herzlichen Dank allen Mitreisenden für die gelungene Tour.
Text: B. Schildt
Fotos: B. Schildt, G. Weibchen
09_2021