Füllen IGe-Leistungen häufig nur das Portemonnaie des Arztes?
Zu diesem Schluss könnte man kommen. Denn der Verband der Ersatzkassen (Vdek) hat festgestellt: ein Großteil der Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) haben bisher gezeigt, dass sie nicht immer notwendig sind und auch nicht stets das bewirken, was sie versprechen. Ca. eine Milliarde Euro zahlen gesetzlich Versicherte jährlich für IGeL aus eigener Tasche.
Hans-Helmut-Homann, Vorsitzender der Seniorendelegierten-Versammlung Hamburg-Nord, hatte zur Diskussion Kassenvertreter und Ärzte geladen; lediglich der Verband der Ersatz-Kassen (Vdek) war erschienen. Der Vdek präsentierte Recherche-Ergebnissen des sog. IGeL-Monitors (www.igel-monitor.de – auch als App), ein Angebot des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes, den die gesetzlichen Krankenkassen tragen. 49 verschiedene Ige-Leistungen hat der Dienst bisher untersucht. Erschreckendes Ergebnis: Fast die Hälfte der Leistungen werden als tendenziell negativ bewertet, vier als negativ. 20 Leistungen haben eine unklare Schaden-Nutzen-Bilanz. Unterdessen führt das IGeL Standardwerk inzwischen mehr als 360 IGeL auf. Praxen und Ärzte werden teilweise vertriebsmäßig geschult, berichten die Ersatzkassen. „Top-Seller“ (Sprecherin Stefanie Kreiss) sind ca. 35 Leistungen.
Beispiel: MRT zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz (Kosten 250 – 460 €). „Die IgeL-Monitor Empfehlung lautet tendenziell negativ“, berichtet die Vdek-Sprecherin. Bei starkem Verdacht auf eine Demenz kann eine Abklärung mit MRT eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen sein. Ohne solche Verdachtsmomente, das heißt zur Früherkennung einer eventuell drohenden Demenz, wird die MRT dagegen oft als IGeL angeboten. Eigentlich soll die MRT Untersuchung Veränderungen im Gehirn erkennen und eine treffsichere Voraussage zur Entwicklung von Demenz ermöglichen. Doch diese Treffsicherheit ist gering. Studien gibt es nicht, der Befund kann beim Patienten jedoch erhebliche Verunsicherung auslösen. Das National Institute for Health and Clinical Excellence – eine Einrichtung der britischen Gesundheitsbehörde - rät sogar von der MRT-Untersuchung zur Demenz-Früherkennung ganz ab.
Trotz aller Bedenken können manche IgeL sinnvoll sein. So wird die Akupunktur zur Migräne-Vorbeugung im Rahmen traditioneller Medizin als „tendenziell positiv“ gesehen. Grundsätzlich sollte jeder Patient bei einer Entscheidung nichts übereilen. Vdek-Sprecherin Kreiss: „Erbitten Sie Bedenkzeit; informieren Sie sich selbst“. Der IgeL-Monitor kann eine Hilfe sein. Auch der Arzt muss Auskunft geben, über Risiken informieren und die Kosten vertraglich mit Ihnen regeln. Ein Anruf bei der eigenen Krankenkasse kann ebenfalls sinnvoll sein: evtl. übernimmt die Kasse die Behandlungskosten, die der Arzt als IgeL verkaufen möchte.
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Text: H. Loose
Bilder: Pexels und H. Loose