EBV-Schnappschüsse
   

Der Bau der Ringbahn 

U3 am Michel © Hochbahn U3 am Michel © Hochbahn

Am 1.6.1906 erfolgte am Kuhmühlenteich der erste Spatenstich, der Bau der zweiten U-Bahn Deutschlands (nach Berlin) hatte begonnen. „In gewaltiger Anspannung legt sich der gleißende Leib der Hochbahnschienen über Hamburgs Straßen und Wasser, drängt sich hinunter mit wühlenden Kräften in der Erde Dunkelheit, ausgestreckt zu fossiler Größe wie ein Nachkomme der Midgardschlange.“ So schön wie der „Hamburger Correspondent“ berichtet heute wohl niemand mehr über ein Bauprojekt.

Allein der Bau der Speicherstadt ab 1883 hatte über 20.000 Menschen zum Umzug in entferntere Wohnsiedlungen gezwungen, neue Handels- und Industriebauten verdrängten die Wohnviertel aus der Innenstadt. An der Peripherie stiegen entsprechend die Einwohnerzahlen rasant, so auch in Winterhude und Eppendorf. Hamburg brauchte dringend ein Verkehrsmittel, um die Menschen aus den Vororten an ihre Arbeitsplätze am Hafen zu bringen. Die Bürgerschaft diskutierte diverse Ideen, ein Entwurf für den Bau einer Schwebebahn nach Wuppertaler Vorbild als Ringbahn rund um die Alster schaffte es in die engere Auswahl. Doch schließlich erhielt das Konzept für eine elektrisch betriebene Hoch- und Untergrundbahn den Zuschlag.

Bau der Viaduktstrecke in der Isestraße im Jahr 1909 (5) Bau der Viaduktstrecke in der Isestraße im Jahr 1909 (5)

Das Projekt sah einen 17,5 km langen Rundkurs vor, der Hohenfelde, Barmbek, Eppendorf und Eimsbüttel mit der Innenstadt und dem Hafen verband: 23 Haltestellen, dazu 58 Brücken, Tunnel, Wälle und Viadukte, um das Kreuzen von Straßen zu vermeiden, in der Innenstadt sollte die Bahn komplett unterirdisch fahren. Für die Erzeugung der elektrischen Energie sorgte ein Kohlekraftwerk mit zwei 80 Meter hohen Schornsteinen in Barmbek. Nicht weit entfernt wurde zu dieser Zeit der Stadtpark neu angelegt, die Lage war also unter dem Gesichtspunkt „frische Luft“ nicht optimal. Doch zumindest bemühten sich die Architekten des weithin sichtbaren Gebäudes „durch die architektonische Ausgestaltung der Fassade und des Schornsteins eine Beeinträchtigung des landschaftlichen Bildes zu vermeiden“. Am Hauptbahnhof und an der Heilwigstraße entstanden Unterwerke, das den Drehstrom aus Barmbek in Gleichstrom umwandelten und in die Strom- und Fahrschienen einspeiste.

Die Bauarbeiten dauerten sechs Jahre. Die Tunnel wurden mühsam mit Hacken, Schaufeln und kleinen Dampfbaggern ins Erdreich gegraben. So einen potenten Tunnelbohrer wie T.R.U.D.E. („Tief runter unter die Elbe“) gab es damals noch nicht. Die Tunnelwände wurden mit Stahlträgern und Holzbohlen verschalt und mit Beton ausgegossen. Die ausgehobenen Erdmassen fanden für die Aufschüttung der Dämme Verwendung. Alsterschiffe transportierten den Erdaushub von der Kuhmühlenteich-Baustelle nach Barmbek und Winterhude. Für den Bau der Viadukte wie an der Isestraße wurden zuerst Holzgerüste aufgestellt. Über Winden und Dampfkräne zogen die Bauarbeiter dann die stählernen Einzelteile in die Höhe, wo sie von Nietern, die auf den Gerüsten standen, mit Vorschlaghammern zusammengefügt wurden. Gearbeitet wurde an 6 Tagen pro Woche, der Arbeitstag dauerte 10 – 12 Stunden. 

U Bahnhof Kellinghusenstraße © M.Bauer U Bahnhof Kellinghusenstraße © M.Bauer

1912 war es geschafft! Festlich eröffnete die Hamburger Hochbahn AG (HHA) am 15. Februar den 1. Abschnitt vom Rathausmarkt bis Barmbeck (damals noch mit ck). Die Gäste waren begeistert! Allein die elektrisch beheizten Wagen überzeugten an diesem kalten Wintertag auch den letzten Skeptiker und das Durchfahren der Tunnel wurde „zum gelinden Schauer…,ohne doch während der unterirdischen Reise das Gefühl irgendwelcher Unsicherheit aufkommen zu lassen“.  

Am 10. Mai fuhr der erste Zug von Barmbek zum Bahnhof Kellinghusenstraße und am 28.6. war der Ring vollendet.

Quellen:

(1) Häger/Simmersbach: Hammonia und ihre U-Bahn, Hans Christians Verlag 1986

(2) Anne Frühauf: Die Bauwerke des Schienenverkehrs in Hamburg, Hans Christians Verlag, Hamburg 1994

(3) Arbeitsgemeinschaft Blickpunkt Straßenbahnen e.V.: Die Geschichte der Hamburger Hochbahn, 1989

(4) https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Hamburgs-Untergrund-kommt-in-Fahrt,hochbahnhamburg101.html

(5) Bildnachweis: Archiv der Hamburger Hochbahn

Marion Bauer