EBV-Schnappschüsse
   

Die Großbäckerei der „Pro“ in der Hegestraße

1896 traten die Hafenarbeiter in Streik. Nach 11 Wochen gaben sie auf – die Gewerkschaft hatte damals noch keinen Hilfsfonds und die gesammelten Spenden reichen nicht aus, um die Familien zu ernähren.

Vor diesem Hintergrund wurde im Januar 1899 mit gewerkschaftlicher Unterstützung der Konsum-, Bau- und Sparverein „Produktion“ gegründet. Das Projekt wurde ein riesiger Erfolg!

10 Jahre später zählte die Genossenschaft bereits 47000 Mitglieder und es gab mehr als 60 Läden, in denen die Produkte aus den eigenen Betrieben verkauft wurden. Die „Pro“ unterhielt einen Schlachtbetrieb, Bäckereien, Molkereien, 1 Kaffeerösterei etc.  – nahezu alles für den täglichen Bedarf. Das Erfolgsrezept: Gute Qualität zu fairen Preisen und fairen Arbeitsbedingungen. Keine Betrügereien mit falschen Gewichtsangaben oder verdorbener Ware.

Die Geschichte der Genossenschafts-Bäckerei in der Hegestraße begann 1911. Der Produktionsablauf in der neuen Fabrik war effizient und klug durchdacht: Das über den Isebekkanal angelieferte Getreide wurde per Sauganlage in das oberste Stockwerk zum Mahlen befördert. Das Mehl gelangte dann über Transportschnecken direkt in die Bäckerei. Aus den Silos im 4. Stock rieselte es in die Teigmengmaschinen im 3. Stock. Im 2. und 1. Stock teilten Maschinen den Teig in einzelne Portionen auf, die dann in 24 Doppelauszugöfen gebacken wurden. Das Sortiment umfasste außer Brot und Brötchen auch noch Kekse und sonstige Konditor-Erzeugnisse, alle sehr beliebt.

Ab 1933 übernahmen die Nazis die Kontrolle über die Genossenschaft. Aus der „Produktion“ wurde die „Niederelbische Verbrauchergenossenschaft eG“.
Die Bäckerei in der Hegestraße lief als Privatbetrieb weiter.

Der neue Pächter Adolf Heide richtete in den unteren Stockwerken eine Backstube ein, seine Spezialität war das „Heide-Brot – Das Vollkornbrot für den Kenner“. 1952 übernahm sein Sohn Gerd das Geschäft, doch 1972 kam das Aus für die Bäckerei. Seine Kinder wollten sie nicht weiterführen, außerdem beschwerten sich Nachbarn wegen des Lärms.

Heute bietet im Erdgeschoß ein Discounter seine Waren feil. In den Haus-Giebeln erinnern die Schriftzüge „Produktion“ und „Bäckerei“ daran, dass hier früher eine Bäckerei der PRO bis zu 30.000 duftende Brote pro Tag gebacken hat.

12_2022
Text und Gebäudeaufnahmen: Marion Bauer
Historisches Foto: K. Tornier, Hamburg-Hoheluft: der Jahrhundert-Stadtteil, 2013
Detailfotos Heidebrot: C. Altstaedt